Spotify sagt, das gefällt mir

Wir sitzen im Garten, der Sommer trägt sein heißes Outfit. Kühle Getränke, leckere Snacks, die Stimmung ist gut. Irgendwas fehlt noch: Musik. Ich gehe ins Haus und hole die Bluetooth-Box. Wieder im Garten verbinde ich mein Smartphone, öffne Spotify und wähle einen Song, der mir seit zwei Wochen gute Laune macht. Den Rest erledigt die App. Dank Autoplay reiht sich ein guter Song an den nächsten. Völlige Laufruhe, immer geradeaus. So easy, so angenehm.

„Lass uns hier lang gehen“, sagst du und während ich überlege, bist du schon fast außer Sichtweite. Ich breche die Überlegung ab und renne dir nach. Fünfhundert Meter und wir stehen im Moor, ein kleiner Steg zeigt uns die Richtung. Die Blätter der Birken zappeln wie Girlanden im Wind. Die Sonne glitzert dazu. Vogelgesang macht das Sommerparty-Feeling perfekt. Weil solche Momente so vollwertig sind, versuche ich, so viel wie möglich aufzunehmen. Dann bleibst du stehen, runzelst die Stirn. Der Steg verschwindet vor deinen Füßen im Wasser. Kein Weiterkommen. Fünf Minuten stehen wir planlos, dann entscheiden wir umzukehren. Zurück an der Wegkreuzung fällt uns ein kleines Schild auf. Die Zeichen kennen wir, die Kombination ist uns fremd. Du zückst dein Handy und ein Blick der Kameralinse verrät uns die Bedeutung: „Weg aktuell nicht begehbar.“ Hätten wir‘s vorher gewusst, wir hätten was verpasst.

Die digitale Revolution überrollt mich in Wellen, die sich immer weiter auftürmen. In einem Meer aus Daten und Informationen versuche ich mich über Wasser zu halten. Mein Rettungsboot besteht aus Algorithmen, sie weisen mir den Weg. Doch je mehr sie von mir wissen, desto eintöniger wird dieser Weg. Weil sie es mir immer recht machen wollen, beschränken sie meinen Geist. Ein Algorithmus geht keine gesperrten Wege. Was habe ich verpasst?

Ich öffne Spotify, gehe in die Einstellungen und erstelle mein Konto neu: Ja ich bin sicher. Gespannt, welche unbekannten Wege auftauchen, lasse ich mich in meinen Liegestuhl sinken.