Könnte Schnee die Lösung sein?

Am Wochenende passierte es zum ersten Mal in diesem Winter. Ich machte die Augen auf und schaute auf eine weiße Welt. Ich war sofort hellwach und voller Tatendrang. Ich wollte raus und durch den Schnee laufen, dass leise Knistern hören, wenn man ihn betritt, ihn anfassen und formen. Um es zusammenzufassen: Ich war wieder Kind – neugierig, verspielt und im Moment. Also sprang ich aus dem Bett, putzte ungeduldig meine Zähne, konnte beim Frühstück meinen Blick nicht vom Fenster lassen und verließ dann eillig das Haus.

Als ich durch den Park lief, stellte ich fest, dass ich mit meinen Gefühlen nicht alleine war. Es war viel mehr los, als an den Tagen zuvor. Und es war lauter. Ich hörte Stimmen und Lachen. Auf den Wiesen wurde gespielt. Und dieses unbeschwerte Spiel setzte Kreativität frei. Überall entstanden Schneefiguren. Die Stimmung war ansteckend und ich fragte mich: Wie macht das der Schnee? Noch gestern war bedrücktes Schweigen, die Menschen hielten den Blick gesenkt, ich bekam kein einziges Lächeln zu sehen. Im Grunde ist Schnee doch nichts innovatives, nur Regen in einem anderen Aggregatzustand. 

Ich glaube, dass es zwei Dinge sind, die den Unterschied machen: Schnee ist selten und Schnee bleibt liegen. 

Sicher wären wir nicht so begeistert, wenn es jede Woche schneien würde. Dann würde der Schneefall zu einer erwartbaren Gewohnheit und wir würden ihm überdrüssig. Seine Ausnahmeerscheinung macht ihn besonders. 

Anders als Regen, der im Boden versickert, bedeckt der Schnee das Land. Bias kennt er nicht. Ihm ist es egal, ob er sich auf eine Villa, einen Wohnblock oder eine Blechhüte legt. Eingefahrene Wege lässt er neu und unberührt erscheinen. Wir können sie nicht mehr erkennen und nehmen neue.

Ich stelle mir vor, dass es schneit, zur gleichen Zeit auf der ganzen Welt, dass sich der Schnee auf Grenzen, Kultur- und Religionsstätten legt, dass er die Welt normalisiert und uns die kindliche Naivität zurückgibt. Wir könnten nicht länger dieselben Wege gehen. Wir wären gezwungen neue zu finden. Wir hätten Spaß daran.

Danke Schnee – für einen Tag Hoffnung.

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