Wer das Glück herausfordert, wird auch Treffer kassieren

Ich mag die Formulierung „am Leben sein“. Sie umfasst mehr als die schlichte Existenz. Am Leben sein heißt für mich, das Leben spüren; in sich spüren. Wenn ich reise bin ich am Leben. Ich verlasse gewohnte Pfade und Muster, stelle mich dem Unbekannten, muss mich auf die Ungewissheit einlassen. Dadurch bin ich besonders aufmerksam, mir gegenüber und meiner Umwelt. Es bedeutet Anstrengung. Aber es sind die Momente, in denen ich am Leben bin, die mich prägen, mich verändern; die bleiben. Diese Momente bedeuten Glück für mich. Ich fordere sie ein und damit mein Glück heraus.

Schaut man sich meine Insta-Stories an, bekommt man den Eindruck, meine Japanreise war ein einziger Rausch positiver Gefühle. So war es nicht und so war bisher noch keine meiner Reisen. Denn neue Situationen, Unbekanntes, bringen immer auch Herausforderungen und unangenehme Gefühle. Der Trick ist, hält man sie aus, dann bekommt man den Rausch des Positiven, aber den gibt es eben nicht pauschal. Wer sein Glück herausfordert, der wird auch Schläge kassieren.

Meine Japanreise war ein Lebenstraum. Ich wollte das ganz große Glück und nicht weniger. Der Schlag, den ich dafür einstecken musste, hat mich wortwörtlich umgehauen. Ein technisches KO. Beim Landeanflug wurde mir schlecht und ich verlor mein Bewusstsein. Meine Sitznachbarin rief Hilfe, ich kam zu mir, war orientierungslos, bekam Panik. Nach der Landung ging alles ganz schnell: Atemmaske, Rollstuhl, aufgeregte Japaner und Japanerinnen sprangen um mich herum, ich kotzte ihnen vor die Füße, sie nahmen meinen Blutdruck, überprüften Herzschlag und Körpertemperatur. Meine Werte normalisierten sich, das Krankenhaus lehnte ich ab. Ich bekam eine Stunde Bettruhe auf der Krankenstation.

Dort angekommen, schlief ich sofort ein. Als ich aufwachte, konnte ich wieder klar denken. Ich war ängstlich, traurig, aber vor allem wütend. Wieso macht mein Körper jetzt schlapp? Wie gemein ist das bitte? Wenn ich zu Hause bin und arbeiten muss, spielt er mit und wenn ich einmal was wirklich Cooles vorhabe, sagt er: „Ich nehm mir mal ne Auszeit!?“ Irgendwie musste ich diese heftigen Gefühle loswerden. Also habe ich geheult, so richtig mit Schluchzen. Ich dachte mir: „Peinlicher kann‘s nun wirklich nicht mehr werden, also lass fließen.“ Als alles raus war, beschloss ich, dass die Reise jetzt beginnt und nun alles gut wird. Ich wollte die Revanche und stieg erneut in den Ring. 

Diese Runde konnte ich ganz eindeutig für mich entscheiden. Es war die eindrucksvollste und schönste Reise, die ich bisher erlebt habe. Ich habe nicht weniger bekommen als das ganz große Glück. Nicht zuletzt aufgrund der Menschen, denen ich begegnet bin. 

Ich bin dankbar für alles, was ich in den letzten drei Wochen erleben durfte. Auch für den Knockout? Schon. Er hat mir gezeigt: Überall sind Mensch und Menschen helfen sich. Im Durchschnitt helfen sie sich. Und das ist beruhigend.

3 Kommentare

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Hey Katha, wow! … das war ja eine krasse Landung, voller Gefühle und ich vermute auch mit ein bisschen Ohnmacht?! … Hut ab, dass Du das alles mit in die weitere Reise nehmen konntest (ohne starr zu werden) … und schließlich eine Menge Glück geerntet hast 🙂 ich wünsche Dir, dass viel von diesem „am Leben sein“ und dem Glück mit an Board bleibt.
Liebe Grüße Lisa

Hey Lisa, danke! Ich hab mich gerade sehr über deine Nachricht gefreut. 🙂
Allein hätte ich das wahrscheinlich nicht geschafft. Mein Glück war, das ich wirklich tolle Menschen an meiner Seite hatte, die für mich da waren, obwohl wir uns nicht kannten.

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