Begegnungen

Die Nachbarin im Hausflur, der Arzthelfer am Empfang, die Kollegin im Büro, der nette Typ beim Yoga-Kurs, die Dame im Zug: Unser Leben besteht aus Begegnungen. Egal ob vertraut, flüchtig, zufällig oder unbeabsichtigt – ich bin überzeugt, dass vieles in unserem Leben davon bestimmt wird, was uns begegnet, dass Begegnungen unseren Horizont erweitern, uns neben Entwicklung auch ermöglichen, uns selbst kennen zu lernen. Vielleicht sogar ganz besonders die Ungeplanten, die Herausfordernden. Wie bedeutend Begegnungen wirklich sind, weiß ich allerdings erst, seit sie plötzlich nicht mehr oder verhüllt und auf Abstand stattfanden.

Was passiert mit dem Leben, wenn man die Begegnungen streicht? Bei dieser auf zwei Jahre angelegten Studie waren wir alle ungefragt Proband*innen.

Warum ich über Begegnung schreiben will?

Ich möchte belegen, dass Grenzen und Isolation uns zurückwerfen, unsere Entwicklung verhindern und Begegnungen mit anderen Menschen das Leben bunter machen. In der Gesellschaft erlebe ich eine abnehmende Toleranz bei zunehmender Radikalisierung. Dem möchte ich die Geschichten über Begegnung gegenüberstellen. Denn es ist eine Entwicklung, die mir Sorge bereitet. Dabei nehme ich mich nicht aus. Ich habe mit Ängsten zu kämpfen und brauche den Rückzug, um Kraft zu tanken. Es kostet mich Überwindung, unbekanntes Terrain zu betreten, mich zu zeigen und in Kontakt zu treten. Aber ich fühle, dass die Vermeidung dem Leben die Lebendigkeit nimmt und habe erlebt, dass es sich lohnt und mit jedem Mal leichter wird.

Mein Plädoyer: "Raus in die Welt, lasst uns begegnen."
Paradiesbaum Erfurt Petersberg
Paradiesbaum Erfurt Petersberg

Was hat Begegnung mit Toleranz zu tun?

Es gibt viele Formen der Begegnung. Eine besonders wertvolle, weil sie Begegnungen schafft, die das Leben nicht ermöglicht, ist das Lesen. Begegnungen umfassen nicht immer alle Sinne und erfordern nicht zwangsweise zeitliche oder räumliche Synchronität. Aber allen gemein ist der Austausch von Gedanken. Gedanken, die man selbst nicht finden kann, die neue eigene Gedanken entstehen lassen und Erkenntnisse formen. Gedanken, die das Fundament von Toleranz sind.

Und natürlich möchte ich mit meinen Geschichten unterhalten und ab und an ein Lächeln hervorbringen.

Noch eine Anmerkung: Meine Geschichten sind oft persönlich oder entstehen aus den Erfahrungen, die Menschen mit mir teilen. In jedem Fall sind alle Protagonisten anonymisiert und so nicht im echten Leben zu finden.